DICOM trifft KI

  • Dr. Marc Kämmerer, Innovationsmanager bei VISUS

„There is still life in the old dog yet“: So sagen es die Briten, wenn etwas Altes noch lange nicht ausgedient hat. Etwas ausführlicher und bezogen auf den DICOM Standard und seine Verwandten sagte genau das auch Dr. Marc Kämmerer, Innovationsmanager bei VISUS, in seinem Vortrag „Medical data and where to find it“ auf der Veranstaltung „Emerging Technology in Medicine (ETIM)“ des Universitätsklinikums Essen im Februar dieses Jahres.

Bewährte Standards für innovative Algorithmen

Bereits zum vierten Mal lud die Uniklinik Essen namhafte Experten aus Wissenschaft und Industrie ein, die einen Ausblick in Arbeitsweisen und Technologien der medizinischen Zukunft gaben. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr lag auf der künstlichen Intelligenz und ihrem Potenzial für die künftige Diagnostik und Therapie. 

Konsolidierung stärkt Kommunikation

Die Szenarien, die hier skizziert wurden, waren beeindruckend. Wenn die künstliche Intelligenz mit ihren Algorithmen nur halb so viel von dem erfüllt, was wissenschaftliche Studien derzeit versprechen, stehen wir wahrlich vor einer diagnostischen Revolution. Da kommt ein Plädoyer für eine konsolidierte Datenhaltung basierend auf dem Konzept des Healthcare Content Managements (HCM), also auf Standards wie eben DICOM, tatsächlich vermeintlich altbacken daher. Nun ist es aber so, dass die schönen neuen Algorithmen erst einmal entwickelt und mit medizinischen Daten gefüttert und trainiert werden müssen. Das klingt unspannend, ist aber essenzielle Grundlage jeglicher Bemühungen rund um die künstliche Intelligenz. Ganz nebenbei ist die Konsolidierung der medizinischen Daten einer Einrichtung nicht nur in der Zukunft, sondern ganz konkret auch in der Gegenwart relevant, wie Marc Kämmerer betonte. Zum Beispiel, wenn es darum geht, alle therapeutisch relevanten Informationen in einem System, über einen Bildschirm auf einen Blick zu erhalten. Oder um die Kommunikation mit externen Stellen wie den Medizinischen Diensten der Krankenkassen oder dem Patienten zu optimieren. Eine Konsolidierung medizinischer Daten basierend auf den Prinzipien des HCM funktioniert dabei folgendermaßen: Ein HCM-System empfängt Daten medizinischer Subsysteme unabhängig von ihrem Ursprungsformat und wandelt sie in den international anerkannten DICOM Standard um. Einmal in ein Standardformat konvertiert können die medizinischen Daten sortiert, gefiltert und über weitere Standards wie HL7, beziehungsweise die Nutzung von IHE Integrationsprofilen kommuniziert werden.

DICOM spricht mit jedem über alles

„Damit Daten durch eine Konsolidierung Mehrwerte entfalten, sollten sie folgende Anforderungen erfüllen: Sie müssen brauchbar, abrufbar, verlässlich und konsistent, kommunizierbar und sicher sein“, so Marc Kämmerer in seinem Vortrag. Er ergänzte: „Und wir haben ein bewährtes Format, das all diese Voraussetzungen für eine intelligente medizinische Datenhaltung erfüllt: Den DICOM Standard. Die Vorteile von DICOM im Rahmen einer Datenkonsolidierung sind, dass mit DICOM auch die Metadaten einer Datei übermittelt und optional auch die Rohdaten gespeichert werden können. Hinzu kommt: DICOM kennt für fast alle Formate ein Äquivalent. Für Text zum Beispiel den DICOM Structured Report oder für Biosignale das Native DICOM Object.“

Durch die im Rahmen der Konsolidierung notwendige Kategorisierung ergeben sich echte unmittelbare Mehrwerte in der Nutzbarkeit dieser Daten in den Gesundheitseinrichtungen. Durch die Kategorisierung wird es möglich, beispielsweise intelligente Filterungen auf die Behandlungsdaten anzuwenden, um so den Anwendern nur die für ihren Arbeitsablauf wirklich benötigten Daten anzuzeigen.

Standards passen sich dem Fortschritt an

Viel wichtiger mit Blick auf die Entwicklungen rund um die künstliche Intelligenz war für die Zuhörer jedoch die Botschaft von Marc Kämmerer, dass DICOM – ebenso wie andere Standards – keine starre Struktur, sondern vielmehr ein lebhaftes Objekt ist, das sich stetig weiterentwickelt. „Bei der Entwicklung von KI-Lösungen geht es ja letztlich um einen Austausch medizinischer Daten. Einerseits müssen klinische Daten an einen Algorithmus kommuniziert werden, um ihn zu trainieren. Andererseits müssen die Ergebnisse des Algorithmus wieder zurückfließen. Und diesen Kommunikationsprozess unterstützen DICOM und Co. – ebenso wie sie heute schon die Kommunikation in Gesundheitseinrichtungen unterstützen. Dafür werden sie kontinuierlich angepasst und weiterentwickelt, was in der Praxis erstaunlich schnell geht.“

Als Beispiel für eine solche Anpassung an neue Gegebenheiten nannte er die Veröffentlichung des „DICOM Supplements 219“, das innerhalb eines Jahres verfügbar war: „Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Structured Report Object, das definiert, wie Daten zwischen zwei Programmen ausgetauscht werden. Damit unterstützt das Supplement einen wichtigen Use Case in der Anwendung künstlicher Intelligenz. Meine Botschaft an Entwickler von KI-Lösungen aber auch an Gesundheitseinrichtungen lautet darum: Verliert die Standards vor lauter KI nicht aus den Augen! Aktuelle Standards und ihre Anpassungen werden dafür sorgen, dass Daten für zukünftige Anwendungen und Anforderungen gerüstet sind und dass sie auch in Zukunft Mehrwerte entfalten.“