Einheitliche Vorschläge aus Europa
Je stärker der Markt der medizinischen Versorgung fragmentiert ist, desto wichtiger wird der reibungslose Austausch medizinischer Informationen zwischen Einrichtungen, Sektoren und Stakeholdern. Und desto mehr rücken standardisierte Prozesse rund um einen solchen Datenaustausch in den Fokus. Die Herausforderungen dabei sind schon lange bekannt, eine zufriedenstellende, flächendeckende Umsetzung gibt es bisher aber leider nicht. An einem Mangel an guten Vorschlägen und Konzepten kann das allerdings nicht liegen.
Natürlich macht auch Deutschland bei der Vernetzung der Gesundheitseinrichtungen Fortschritte. Die gematik leistet ordentliche Arbeit, die Telematikinfrastruktur bietet eine gute technologische Grundlage – die allerdings viel zu langsam und kleinschrittig mit Leben gefüllt wird. Ein Beispiel: der eBildbefund, der als Medizinisches Informationsobjekt (MIO) dafür sorgen soll, dass textuelle Befunde in die ePA fließen und auch der Prozess der Bildkommunikation Berücksichtigung findet. Eigentlich sollte dieser längst in die medizinische Praxis Einzug gehalten haben. Gerade Radiologinnen und Radiologen warten jedoch bis heute auf Ergebnisse. Es sind Verzögerungen wie diese, die einerseits eine hochwertige Versorgung auf digitaler Grundlage verhindern und andererseits zu Frust und Unmut bei den potenziellen Anwendenden führen.
Leitfäden nutzen und Geschwindigkeit erzeugen
Was man dem Entwurf für das eBildbefund MIO zugutehalten muss: Er orientiert sich an den Vorgaben des „Leitfadens für den elektronischen Austausch von Gesundheitsdaten gemäß grenzüberschreitender Richtlinie 2011/24/EU“. Was recht sperrig und zäh klingt, ist tatsächlich eine wirklich gelungene Vorlage für eine einheitliche Standardisierung von Kommunikationswegen in der Medizin basierend auf dem Leitprinzip der Interoperabilität. Erarbeitet wurde der Leitfaden vom eHealth-Network, das auf EU-Ebene eine Plattform für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bildet, die sich mit elektronischen Gesundheitsdiensten befassen. Und um diese elektronischen Gesundheitsdienste geht es auch in besagter Richtlinie aus dem Jahr 2011, die die Ausübung von Patientenrechten in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung innerhalb der EU regelt.
Die Leitlinie des eHealth-Networks aus dem Jahr 2022 richtet sich konkret an die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und gilt primär für die Umsetzung des grenzüberschreitenden elektronischen Austauschs von Gesundheitsdaten. Allerdings, und das ist in der Leitlinie auch verankert, sollen die Leitprinzipien auch als Vorlage für nationale Entwicklungen und Umsetzungen dienen, um die Nutzung medizinischer Informationen für die öffentliche Gesundheit und die Forschung zu ermöglichen. Und das klingt nach einem guten Plan. Denn: Wenn der regionale und nationale Austausch von Daten auf den Prinzipien dieser Leitlinie aufgebaut wird, ist der Weg für den Austausch auf europäischer Ebene (der in den Startlöchern steht) bereits mit geebnet.
So könnte der Leitfaden eine gute Anlaufstelle für all jene sein, die jetzt pragmatische und langlebige Lösungen für den dringend benötigten digitalen Datenaustausch in der Medizin entwickeln wollen. Entscheidendes Kriterium dabei: Interoperabilität. So heißt es im Leitfaden auch, dass er „die Mitgliedstaaten dabei unterstützen soll, unter Berücksichtigung der Patientensicherheit und des Datenschutzes ein Mindestmaß an Interoperabilität zu erreichen, indem sie Anforderungen für die Kommunikation zwischen ihren jeweiligen nationalen Kontaktstellen für elektronische Gesundheitsdienste und Schnittstellen zwischen der nationalen und der europäischen Ebene festlegen.“ Und letztlich ist es doch genau das, worum es allen geht und worüber alle diskutieren.
Den gesamten Leitfaden können Sie hier herunterladen.