Was Sie von Ihrem PACS erwarten sollten
In der Gesundheits-IT scheint ein wahrer Glaubenskrieg entfacht zu sein: Da stehen sich Generalisten und Spezialisten vehement gegenüber und proklamieren jeder für sich die IT-Landschaft in Krankenhäusern und Praxen. Leidtragende sind IT-Leiter und Anwender, die bei der Frage nach dem richtigen System zwischen die Fronten geraten. Dabei verlaufen diese – zumindest im Bild- und Befundmanagement – gar nicht so starr, wie es so mancher Anbieter Glauben machen will. Moderne PACS-Lösungen zeichnen sich durch eine tiefe Funktionalität, klinikweite Einsatzmöglichkeiten sowie eine offene Architektur aus und fordern von niemandem Kompromisse. Vorausgesetzt, die Einrichtungen wissen, worauf es bei Ausschreibungen ankommt.
Offen für alle – das ist Standard
Die Anzahl an Schnittstellen ist im Bereich Bildmanagement von jeher hoch und durch die Einbindung nicht-radiologischer, bildgebender Modalitäten in das PACS wächst sie unaufhörlich weiter. Entscheidendes Merkmal des modernen PACS und Grundvoraussetzung für eine optimale Prozessunterstützung im klinikweiten Bild- und Befundmanagement ist darum die Offenheit des Systems in alle Richtungen. Konkret bedeutet dies, dass die Schnittstellen zu den Informationssystemen wie KIS, RIS oder CIS ebenso systemunabhängig vorhanden sein sollten wie die zur Infrastruktur, also zu SAN, NAS oder Langzeitarchiv. Damit einher geht eine hohe Interoperabilität – ebenfalls unabhängig vom Hersteller des zu integrierenden Systems.
Besonderes Augenmerk sollte auf die nahtlose Anbindung der Modalitäten gerichtet werden: Nur ein flexibel erweiterbares und herstellerneutrales PACS bietet die Möglichkeit, das Bild- und Befundmanagement individuell auszuweiten – sowohl auf neue Geräte als auch auf andere Abteilungen oder Standorte. Dabei geht es nicht allein um die reine Anbindung, sondern um eine tiefe Integration, die das Einrichten intelligenter Hanging- und Readingprotokolle erlaubt und so erst einen wahren Mehrwert schafft.
Gewährleistet wird eine solche Systemoffenheit durch die Verwendung von Standards, die im PACS-Bereich dank IHE und Formaten wie DICOM, HL7 oder XML extrem weit gediehen und international anerkannt sind. Außerdem sollte das PACS in der Lage sein, auch solche Modalitäten „aufzunehmen“, die ihrerseits noch nicht über die bewährten Standards verfügen. Im Sinne eines ganzheitlichen Bildmanagements müssen auch die Daten älterer Ultraschallgeräte oder EKGs Einzug in das PACS halten und in DICOM-Daten umgewandelt werden. Ist das PACS nicht in der Lage, Daten intelligent umzuwandeln, müssen Einrichtungen entweder massive Dokumentationslücken in Kauf nehmen oder ihren Gerätepark modernisieren.
PACS-II und Spezialsysteme: Wie passt das zusammen?
Die Offenheit der Systeme widerspricht nicht dem Trend, die IT-Landschaft abteilungsübergreifend zu konsolidieren und auf ein einheitliches Bild- und Befundmanagement zu setzen. Im Gegenteil: Die Möglichkeit zur tiefen Integration der Modalitäten und die starke Einbindung in die Informationssysteme bildet hierfür die Voraussetzung. Denn durch die Verwendung von Standards und der Möglichkeit zur Umwandlung in diese – hauptsächlich DICOM – wird der Aufbau eines konsistenten und patientenbezogenen Bild- und Befundarchivs über alle Abteilungen hinweg möglich. Konsolidiert werden dabei die unterschiedlichsten Optionen zur Verwaltung, Betrachtung und Archivierung der Daten, die bisher oft autark nebeneinander laufen. Ziel ist es, alle Daten mit nur einem Knopfdruck aus dem KIS heraus aufzurufen und in dieses einspielen zu können.
Das entsprechende Motto lautet: integrieren statt ablösen, verbinden statt trennen. Tatsächlich werden dabei Aufgaben von dezentralen Spezialworkstations auf ein zentrales, webbasiertes System verlagert. Dies geschieht jedoch ganz im Sinne eines effizienten Workflows, da alle Daten einheitlich auf einem Viewer von jedem Standort aus abgerufen werden können. Das schließt jedoch nicht aus, dass spezifische Befunderstellungen, beispielsweise auf Basis von Unterstützungssystemen, nach wie vor an hierfür vorgesehenen Arbeitsplätzen durchgeführt werden. Entscheidend ist, dass diese Daten in ein und demselben System landen und für alle verfügbar sind.
Aus dem Werkzeugkasten der Radiologie bedienen
Neben einer zentralen Datenvorhaltung bietet die Nutzung des PACS als klinikweites Bild- und Befundsystem (PACS-II) noch einen Mehrwert: Funktionalitäten aus dem radiologischen PACS besitzen großes Potenzial, die Prozesse in anderen klinischen Bereichen zu verbessern. So eignen sich die Vermessungswerkzeuge optimal zur Quantifizierung von Wunden, die 3D-Volumendarstellung unterstützt den Unfallchirurgen bei seiner OP-Planung und die Kardiologen profitieren von Bearbeitungsmöglichkeiten der EKG-Kurven ebenso wie von dem parallelen Aufruf von Bewegtbildern, beispielsweise zum Vergleich einer aktuellen Linksherzkatheter-Untersuchung mit einer Voruntersuchung.
Durch die konsequente Umsetzung der DICOM-Strategie und der Offenheit des PACS lassen sich für die Zukunft weitere Szenarien denken, zum Beispiel die Integration von Biosignalen aus der Intensivmedizin in das System.
Prozesse verstehen, abbilden und optimieren
Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz eines PACS ist, dass es eine maximale Prozessunterstützung bietet – was sich nur auf den ersten Blick selbstverständlich anhört. Die Anforderungen an ein intelligentes Bild- und Befundmanagement verlangen einen hohen Grad an Spezialisierung, den nur reine PACS-Anbieter wirklich erfüllen können. Apropos Spezialisierung: Auch in Bezug auf PACS-Funktionalitäten gilt das bewährte Motto „Schuster bleib bei deinen Leisten“. Nicht immer ist es sinnvoll, dass alle Funktionen des PACS auch vom Hersteller selbst entwickelt werden. Gerade in dem Bereich der CAD-Systeme ist die Kooperation mit etablierten Anbietern von Spezialsoftware häufig sinnvoll. Kernkompetenzen rund um Bild, Darstellung, Verteilung und Archivierung – etwa die Bildregistrierung, die Einbindung der Tomosynthese, die Gefäßdarstellung, das Capturing oder Screenshotfunktionen – sollten hingegen aus den Entwicklungslaboren des PACS-Herstellers kommen. Ein gelungener Mix aus Eigenentwicklung und Integration von Spezialsystemen bildet die Basis für eine stark prozessorientierte Unterstützung.
Bei der Wahl eines PACS sollten Krankenhäuser darüber hinaus nicht allein auf punktuelle Funktionen achten, sondern darauf, dass der gesamte Workflow mittels intelligenten Hanging- und Readingprotokollen unterstützt wird. Ausschlaggebend ist, dass der PACS-Hersteller die „Datenwege“ und die Bedeutung der Daten innerhalb des gesamten Behandlungskomplexes versteht und abbilden kann, dazu zählt auch die tiefe Einbindung in das KIS, unabhängig vom Hersteller. Ebenfalls der Prozessunterstützung dient die Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit im Rahmen von Fallkonferenzen mittels PACS: Kalenderfunktionen, Screenshotfunktion oder das Capturing, also das Einfrieren von Befundungsettings, erleichtern die Präsentation von Patientendaten und sollten vom System bereit gestellt werden.
Zusammengefasst gilt: Das PACS muss in der Lage sein, sich den individuellen Strukturen eines Hauses anzupassen – nicht umgekehrt.