Kontext! Wir brauchen Kontext!
Die Frage, ob Daten gut, mittelgut oder schlecht sind, entscheidet sich nicht nur daran, ob sie valide, richtig und komplett sind. Wie wir in dieser Ausgabe gelesen haben, geht es auch darum, welche Fragestellung mit den Daten beantwortet werden soll. Es geht also um den Kontext. Und der spielt nicht nur in der Wissenschaft eine Rolle, sondern mit größter Relevanz auch in der Klinik. Schließlich macht es einen gewaltigen Unterschied, ob sich eine Stationsärztin einen Überblick über die auf der Station befindlichen, kritischen Patienten machen möchte oder, ob sie die Entwicklung einer speziellen Patientin über die letzten drei Tage beurteilen möchte. Ohne Zweifel: Die notwendigen Informationen zur Beantwortung beider Fragen sind heute in jedem Krankenhaus verfügbar. Die Frage ist nur, wie schnell die benötigten Informationen verfügbar und wie verständlich diese für den jeweiligen Nutzer aufbereitet sind.
Es ist ein Fluch des Wissenszuwachses – nicht nur in der Medizin, sondern in allen Lebensbereichen –, dass ein Mehr an Informationen mit einem Mehr an IT-Systemen einhergeht, welche die Informationen verwalten. Dieses Paradigma gilt es zu durchbrechen. Aus der Masse der verfügbaren Daten die benötigten kontextbezogenen Informationen herzustellen, ist allerdings eine der größten Herausforderungen, die es gibt. Nicht nur im Gesundheitswesen. Aber hier sind die Auswirkungen dieser Bemühungen besonders groß und betreffen jeden von uns. Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger stehen unter einem hohen zeitlichen Druck und unterliegen aufgrund der großen Menge an Patientinnen und Patienten einer extremen Anzahl von teilweise minütlich wechselnden Zusammenhängen. In einer Welt, in der pro Patient nur wenige Minuten für eine Anamnese und Beurteilung zur Verfügung stehen, ist keine Zeit um Informationen manuell zusammenzutragen. Die medizinische Realität sieht allerdings anders aus. In den weltweiten Gesundheitssystemen werden massenweise Menschen geradezu „verbrannt“, weil sie viel Zeit benötigen, um aus einer Vielzahl von mehr oder weniger trägen und schlecht betreuten IT-Systemen mit vielen manuellen Klicks Daten für den gewünschten Kontext zu aggregieren. Es drohen zudem Fehlbehandlungen, die jeden von uns treffen können.
Was bedeutet das für uns als Herstellende von IT für das Gesundheitswesen?
Ja, wir wollen Informationssysteme bauen, die Informationen so verdichtet darstellen, dass die Anwendenden wirklich Zeit sparen. Wir lernen, welche Kontexte es gibt und welche Daten in welchem Zusammenhang sichtbar sein müssen. Wir lernen, wie wir Systemarchitekturen, strukturierte Datenlagen und kontextbezogene Darstellungskonzepte so anpassen, dass diese flexibel vor Ort mit den Nutzenden angepasst werden können. Vor allem aber lernen wir, wie wir unsere Servicekonzepte im dauerhaften Dialog mit den beteiligten Menschen gestalten.
Aktuell befinden wir uns inmitten dieses Prozesses und sorgen mit jedem Schritt dafür, dass es immer mehr gute Daten im System gibt.