Krankenhauszukunftsgesetz: und jetzt?

  • Ecky Oesterhoff über KHZG

Eigentlich hätten IT-Projekte, die durch das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) gefördert wurden, Ende dieses Jahres abgeschlossen sein müssen. Diese Frist wurde nun – je nach Bundesland – um zwei bis vier Jahre verlängert. Der geplante zweite DigitalRadar zur Evaluierung der bisherigen Erfolge soll trotzdem stattfinden. Das ist aber nicht der einzige Grund, eine Bilanz über den potenziellen Erfolg der Förderung zu ziehen. Denn viele Kliniken beschäftigt aktuell die Frage: Wie geht es nach dem KHZG weiter?

Diese und weitere Fragen stellten wir Ecky Oesterhoff, der als Teil des health innovation hub (h.i.h.) das KHZG seinerzeit mitentwickelte und mittlerweile durch die Industrie-, genauer gesagt die CGM-Brille, auf die Dinge blickt.

VIEW: Herr Oesterhoff, wie ist eigentlich der derzeitige Stand bei der Umsetzung des KHZG? Gibt es aussagekräftige Zahlen oder zumindest Erfahrungen, wie die Projekte in den Krankenhäusern anlaufen?

Ecky Oesterhoff: Aktuell ist der Stand, dass bis Ende 2024 alle Fördermittel beantragt sein müssen. Je nach Bundesland müssen sie dann bis 2026 bzw. 2028 umgesetzt sein. Aufgrund der föderalen Umsetzung und weil es keine Rückmeldewege gibt, gibt es aktuell auch keine belastbaren Zahlen darüber, wie viele Häuser in die Projekte gegangen sind und wie der Projektstatus ist. Die ersten belastbaren Zahlen wird wohl der zweite DigitalRadar bringen. Dieser war von Beginn an als Statusabgleich geplant und soll aufzeigen, wie sich die Digitalisierung in den Häusern, die sich um Fördermittel bemühten, verbessert hat. Am Ende werden aber auch diese Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen sein, da es sich um Selbstauskünfte der Häuser handelt. Allerdings gibt es recht valide Erfahrungswerte aus dem Markt. Und die zeigen, dass alle Unternehmen mit Volldampf in die KHZG-Projekte gegangen sind. Was erst einmal für einen Erfolg spricht.
Durch die Laufzeitverlängerung ergibt sich aber für die Unternehmen und auch die Krankenhäuser ein Problem: Der Druck ist aus den Projekten raus und das Tempo bei der Umsetzung wird runtergefahren. Gleichzeitig gibt es andere Themen, denen sich die IT dringend widmen muss. Denken wir nur an die Häuser, die IS-H und i.s.h.med ablösen müssen. Es besteht die Gefahr, dass die KHZG-Projekte dadurch ins Hintertreffen geraten.
 

Passgenaue Lösungen mit Perspektive

VIEW: Das klingt ja eher ernüchternd...

Ecky Oesterhoff: Nein, nicht unbedingt. Denn Vieles ist bereits passiert. Auch, wenn es keine belastbaren Zahlen gibt, so brauchen wir doch bloß auf die Realität im Krankenhaus blicken, um zu erkennen, dass das KHZG Wirkung zeigt – vorausgesetzt, die Krankenhäuser haben die Förderung klug genutzt. Nehmen wir als Beispiel den Fördertatbestand Patientenportale, der neben der Dokumentation am häufigsten nachgefragt wurde. Ich persönlich denke, dass es aus Patientensicht heute schon einen großen Unterschied im Aufnahme- und Entlassmanagement im Vergleich zu – sagen wir – 2020 gibt. Das Onboarding, der Austausch von Dokumenten – alles ist digitaler und einfacher geworden. Klar, das hat auch mit der ePA und den TI-Diensten wie KIM zu tun. Das KHZG hat aber die Grundlage dafür geschaffen, dass in den Krankenhäusern überhaupt alles zusammengedacht wird. Und jetzt fangen wir an, davon zu profitieren. Vieles ist einfacher geworden und die medizinische Ergebnisqualität wird positiv beeinflusst. Die digitale Welt hat sich in Deutschland durch das KHZG relevant verändert. Viele Menschen sehen das gar nicht mehr, weil es eine Selbstverständlichkeit geworden ist. Das ist es aber nicht.

VIEW: Viele Krankenhäuser machen sich aber Sorgen über die Zeit nach der Förderung. Und darüber, ob die Systeme, die jetzt für einen Digitalisierungsschub verantwortlich waren, noch weiter betrieben werden können. 

Ecky Oesterhoff: Wir sollten uns eines nochmal vor Augen führen: Das KHZG ist das einzige Förderprogramm, das Lizenzen, die Softwarepflege und sogar das notwendige Personal für den Betrieb gefördert hat. Das ist absolut untypisch. Und wenn Häuser jetzt klagen, dass nach der Förderperiode das Geld fehlt, um ein IT-System weiter zu betreiben, dann muss man doch auch mal die Strategie des jeweiligen Hauses diskutieren. Um es salopp zu formulieren: Häuser, die keine Strategie hatten und einen Förderantrag der Förderung wegen gestellt haben, können jetzt Probleme kriegen. Das Gros der Häuser hat das KHZG aber doch wohl genutzt, um die ohnehin vorhandene Digitalstrategie zu finanzieren. Und die dürften auch nach Ablauf des Förderzeitraums keine Probleme bekommen. Im Gegenteil, sie werden von den digitalen Prozessen auch finanziell profitieren oder zumindest darüber die Lizenzkosten darstellen können. 
Und genau das war auch die Intention des Gesetzgebers: Den Krankenhäusern die finanzielle Möglichkeit zu eröffnen, vorhandene Strategien in die Praxis zu bringen. Dabei wurde von Beginn an kommuniziert, dass sich die Häuser genau überlegen sollten, welche Projekte den größten Mehrwert für sie haben.

VIEW: Im Rahmen des KHZG sind auch etliche Softwareanbieter und Beratungsunternehmen neu auf der Bildfläche erschienen. Gibt es Erfahrungswerte, wie nachhaltig die unter KHZG-Bedingungen geknüpften Geschäftskontakte sind?

Ecky Oesterhoff: Der Eindruck kann schon entstehen. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass der Healthcare-IT-Markt generell sehr innovationsfreudig ist und ständig neue, vielversprechende Produkte hervorbringt. Für manche Unternehmen erwies sich das KHZG als absoluter Glücksfall, weil ein Fördertatbestand genau dem Produktumfang entsprach. Diese Unternehmen haben aber einfach den Bedarf erkannt und wären auch ohne KHZG erfolgreich am Markt geworden. Die Förderung hat den Erfolg vielleicht beschleunigt.
Aber natürlich gab es auch Glücksritter, das muss man so sagen. Hier wird es eine Marktbereinigung geben. Krankenhäuser, die solide geplant haben und eine stringente Strategie mit bewährten Partnern verfolgten, werden aber nichts befürchten müssen, da bin ich sicher.

VIEW: Vielen Dank für das Gespräch.