Standards als Wachstumsmotor
Informationstechnologische Standards und Profile sind das Markenzeichen von VISUS. Es ist sogar fraglich, ob es das Unternehmen ohne DICOM überhaupt geben würde. Aber sind Standards wirklich immer die beste, die praktikabelste Lösung – vor allem in Zeiten explodierender Datenmengen? Unbedingt! Je komplexer Daten- und Informationsstrukturen sind, desto wichtiger ist die Besinnung auf eine einheitliche Handhabung sogar.
Schließlich gab es einen guten Grund dafür, dass DICOM vor fast 30 Jahren aus der Taufe gehoben wurde. In den 1980iger Jahren konnten CT- und MRT-Bilder nur auf dem Gerät betrachtet und bearbeitet werden, auf dem sie erstellt wurden. Für die Anwender war das nicht gerade befriedigend und auch die Medizintechnikunternehmen suchten nach einer Lösung, um ihre Bilder langfristig archivier- und lesbar zu machen. Aus dieser Motivation heraus trieben beide Gruppen die Entwicklung einer verbindlichen „Bildsprache“ voran, woraus dann in den 1990iger Jahren der DICOM Standard entstand. Mit ihm öffnete sich die Welt des radiologischen Bilddatenmanagements auch denen, die nichts mit der Bildakquise zu tun hatten – Firmen wie VISUS zum Beispiel.
Der Standard als Erfolgsfaktor
An DICOM kommt bis heute niemand vorbei, dessen Geschäftsmodell etwas mit der Handhabung (radiologischer) Bilddaten zu tun hat. Andere Standards hatten eine weniger durchschlagende Kraft. HL7 Version 2.x wird heutzutage zum Beispiel häufig im stationären Bereich genutzt, teilweise aber auch proprietär verändert. IHE-Profile sind praktisch, aber kein Muss und kamen daher nur schleppend in der Praxis an. Trotzdem hat VISUS die Weiterentwicklung von JiveX Enterprise PACS über JiveX Integrated Imaging bis hin zum JiveX Healthcare Content Managementsystem (HCM) systematisch auf Standards aufgebaut. Die Patientendaten- sowie Auftragskommunikation beim Bildmanagement beispielsweise, die für eine eindeutige Patientenzuordnung wichtig ist, wurde unter anderem auf HL7 ORM aufgesetzt. Handelt es sich um Dokumente im HCM kommt zum Beispiel HL7 MDM zum Einsatz, die Kommunikation von Befunddaten aus dem RIS setzt auf HL7 ORU auf. Und als das Thema einrichtungsübergreifender Datenaustausch aktuell wurde, war schnell klar, dass für diese Aufgabe das IHE XDS Profil bestens geeignet ist.
Die Liste der Beispiele, inwiefern Standards an der Erfolgsgeschichte von VISUS mitgeschrieben haben, ließe sich noch lange fortschreiben. Kurz gesagt ging es aber bei jeder Entwicklung darum, Daten sauber zu kommunizieren und auszuwerten. Dieser Logik folgten längst nicht alle Anbieter. Konträr zu der Philosophie möglichst standardisierter und damit interoperabler und flexibler Produkte entwickelte sich in den Nullerjahren das Konzept der monolithischen Systeme – mit einer zunächst großen und treuen Gefolgschaft. Doch spätestens, seit die knöchernen Strukturen in Gesundheitseinrichtungen aufgebrochen sind und erfolgreiche Medizin eine Frage der Interdisziplinarität, der fachlichen Transparenz und des Wissenstransfers geworden ist, gelten Datensilos als Technologie von gestern. Mehr noch: Mit Blick auf § 291d des 2015 in Kraft getretenen E-Health Gesetzes wird derzeit diskutiert, dass alle klinischen Systemen, die im stationären Bereich zum Einsatz kommen, eine Wechselschnittstelle brauchen, damit ein Systemwechsel leichter durchzuführen ist. Die Verwendung von Standards ist mittlerweile also auch eine Frage von Rechtssicherheit und damit auch des wirtschaftlichen Überlebens.
So geht es weiter
Welche Standards sich für die nächste große IT-Herausforderung im Gesundheitswesen durchsetzen werden, ist Stand heute noch nicht hieb- und stichfest. Klar ist, dass sich sogenannte leichtgewichtige Standards mehr und mehr durchsetzen werden. Denn eine Aufgabe wird sein, den Patienten über seine sogenannten Smart Devices – Smartphones, Smartwatches – in die medizinische Versorgung einzubinden, große Datenmengen mittels KI auszuwerten oder Daten für spezialisierte Expertensysteme – zum Beispiel zur Diagnoseunterstützung oder Therapieplanung – jederzeit abrufbar zu machen.
Aktuell entspricht der HL7 FHIR Standard am ehesten diesen Anforderungen, die dafür erfüllt werden müssen. Entsprechend spielt FHIR auch bei VISUS eine Rolle – wenn auch derzeit vor allem im Rahmen von Pilotprojekten. Eines davon behandelt die Abfrage demografischer Patientendaten über das IHE PDQm Profil (Patient Demographics Query for mobile) welches auch mobilen Applikationen oder solchen, die direkt im Browser laufen, erlaubt, Daten aus JiveX abzufragen. Das andere arbeitet mit dem IHE MHD Profil (Mobile Access to Health Documents), einer Mischung aus FHIR und IHE XDS. Das Profil sorgt dafür, das auch ressourcenlimitierte Geräte auf IHE-XDS Verbünde (AffinityDomains) zugreifen können. Ob sich FHIR letztlich als alleiniger Standard, als einer unter vielen oder gar nicht durchsetzt, lässt sich heute noch nicht abschätzen. Wichtig für VISUS ist aber, alle potenziellen Standards mit Blick auf Kundenanforderungen und die Weiterentwicklung der Produktpalette zu bewerten. Und das ist eine Aufgabe, die nie endet.